So wie geplant ging es nun am 09.07. los. Ohne Komplikationen mit dem Lufthansaflieger nach Frankfurt, umsteigen in einen Flieger von Air Dolomiti (hatte ich bisher auch noch nie gehört) und dann planmäßige Landung in Pisa. Sogar unser Gepäck landete mit uns in Pisa, was ja nicht unbedingt immer so klappt.
Wir hatten einen Mietwagen gebucht, den wir dann nach längerem Suchen auf einem Riesenparkplatz auch fanden. So gelangten wir ziemlich unkompliziert nach Arnovecchio, wo die Yssabeau schon auf uns wartete. Das Unterwasserschiff war mit Antifouling gestrichen, der Rumpf poliert, nur das Deck war völlig verdreckt. Da gab es dann außer den üblichen Arbeiten wie Segel anschlagen, Bimini und Sprayhood anbauen etc. noch einiges zu tun.
Das Schiff sollte dann am Montag ins Wasser, so dass wir Samstag und Sonntag Zeit hatten, einige Dinge zu erledigen, wobei sich unser Mietwagen als wahrer Segen entpuppte. Wir konnten in die Stadt fahren und beim Lidl unseren Proviant für die kommende Zeit einkaufen. Vor allem mußten wir die Getränke nicht durch die Gegend schleppen.
Hatten wir am Freitagabend noch Glück, dass wir nach zwei Versuchen einen Platz in einem Restaurant ergattern konnten, so erwies sich das am Samstag als unmöglich. Ohne Reservierung ging da gar nichts. Die Rettung war dann eine Dönerbude, von wo wir ein Takeaway Kebab mit aufs Schiff nahmen.
Am Montagnachmittag wurde die Yssabeau dann ins Wasser gekrant und wir verholten auf einen Liegeplatz an einem Steg. Werner brachte das Auto zum Vermieter am Flughafen und ich kümmerte mich ums Schiff. Beim Blick in den Motorraum stellte sich heraus, dass die Kühlwasserpumpe leckte und jede Menge Wasser in der Bilge stand. Somit war ich erst einmal damit beschäftigt, die Bilge zu lenzen.
Auf einen Motormechaniker, der die Kühlwasserpumpe abdichten sollte, mußten wir dann einen Tag warten, was aber nicht besonders schlimm war, hatten wir doch ohnehin noch genug zu tun.
Man glaubt’s ja nicht, aber aus nicht so richtig nachvollziehbaren Gründen funktionierten einige Dinge nicht mehr, die vor der Außerdienststellung noch funktioniert hatten.
So verbrachten wir fast einen ganzen Tag damit, die LED-Leuchte über der Pantry wieder zum leuchten zu bringen. Die Stromverteilung und das Kabel waren völlig marode und wurde von Werner und mir erneuert.
An Arbeit mangelte es nicht, was dazu führte, dass wir erst am Freitag den 16.07. los kamen. Für die drei Tage, die wir nach dem Slippen auf dem Wasserliegeplatz gelegen haben, durften wir dann nochmal 30,- € pro Tag extra bezahlen.
Bei mäßigem Wind ging es dann elf Meilen nach Viareggio. Unterwegs stellten wir dann fest, dass weder die Logge noch der Drehzahlmesser des Motors irgendetwas anzeigten. Der Ausfall der Logge ist zwar ärgerlich aber nicht so dramatisch. Das hatten wir ja schon öfter, wenn sich irgendein Treibgut im Impeller festgesetzt hatte. Der Drehzahlmesser machte mir da größere Sorgen. Auch mit reichlich Kontaktspray war das Ding nicht wieder zum Leben zu erwecken.
Beim Bilgencheck in Viareggio fand ich wieder Kühlflüssigkeit in der Motorbilge, nicht mehr so viel wie vorher, aber doch mehr als nur ein paar Tropfen. Da war ich dann wieder mit Bilge trocknen beschäftigt.
In der Hoffnung, dass sich vielleicht doch noch am Samstag ein Monteur für den Motor findet, verbrachten wir den Samstag in der Marina, wieder mit diversen Arbeiten am Boot.
Natürlich läßt sich am Wochenende kein Handwerker auftreiben und so beschließen wir, am Sonntag nach Carrara zu fahren.
Den größten Teil der 13 Meilen Strecke segeln wir bei abflauenden drei Windstärken, da ich den Motor nicht beanspruchen will. Man weiß ja nicht, was da mit der Kühlung ist.
Carrara ist ein großer Hafen – immerhin werden hier die Marmorblöcke verschifft – und es dauert eine ganze Weile, bis ich über UKW einen Marinero vom Club Nautico zu fassen kriege, der uns dann einen Liegeplatz zuweist. Wir schildern ihm unser Problem und er verspricht, sich am Montag darum zu kümmern. Also wieder ein Hafentag.
Am Montagmorgen, auf dem Rückweg von den Sanitäranlagen, treffe ich Luciano (so heißt der Marinero von gestern) zufällig bei der Krananlage. Auf meine Nachfrage bezüglich eines Motormechanikers greift er zum Telefon und unternimmt offenbar mehrere Versuche, einen Mechaniker zu organisieren, was ihm aber nicht gelingt. Die sind angeblich alle ausgebucht und beschäftigt.
Mittlerweile haben sich noch zwei weitere Personen zu uns gesellt und machen Vorschläge, wen man noch alles anrufen könnte. Einer von denen spricht ganz gut Englisch, so dass eine Verständigung über unser Problem zustande kommt.
Tatsächlich findet sich dann doch noch ein Mechaniker, der verspricht, irgendwann im Laufe des Nachmittags am Schiff vorbei zu kommen. Und tatsächlich, er taucht dann wirklich auf, stellt sich als Fillipo vor und erklärt gleich in gut verständlichem Englisch, dass er, weil er ein paar Jahre in Amerika gelebt hat, Amerikanisch spricht und mit Englisch nichts zu tun haben will.
Mir war das egal, konnte man doch ganz gut mit ihm auf Englisch kommunizieren.
Nachdem ich ihm unsere Probleme – glibberiges Wasser in der Motorbilge und ein nicht funktionierender Drehzahlmesser – geschildert hatte, machte er sich gleich daran, den Motor zu checken, um nach einiger Zeit des Suchens festzustellen, dass nirgendwo eine Undichtigkeit zu finden war. Um sicher zu gehen meinte er, müßten wir aus dem Hafen rausfahren und den Motor unter Last prüfen.
Für den Drehzahlmesser fühlte er sich nicht so richtig zuständig, da er kein Elektriker sei.
Also fuhren wir erst einmal vor den Hafen und drehten dort Kreise unter Motor. Irgendwelche Undichtigkeiten an der Maschine konnten wir nicht feststellen und nach einigen Überlegungen kamen wir zu dem Schluß, dass die Firma, die in Arnovecchio den Motor gewartet hatte, wohl mit dem Auffüllen des Kühlmittels etwas großzügig verfahren war und der Überschuß in die Bilge gedrückt worden war. Also, das Problem war gelöst.
Während wir unsere Kreise drehten, erhielt unser Mechaniker mehrere Anrufe auf seinem Handy und er fragte dann, ob wir ein Segelboot mit Motorschaden, welches irgendwo vor dem Hafen herumsegelte, abschleppen könnten. Keine Frage, das wollten wir dann wohl machen.
Unser Mechaniker Fillipo hatte schon angekündigt, dass wir es wohl mit einer ziemlichen Chaotencrew zu tun bekämen. Und so war’s dann auch.
Die kamen dann mit zwei Mann Besatzung angesegelt und hatten – bevor sie überhaupt irgendwelche Vorbereitungen für einen Schlepp getroffen haben – nichts besseres zu tun, als ihr nachgeschlepptes Dingi an Deck zu hieven. Das dauerte und derweil fuhren wir neben denen her.
Warum die sich nicht selbst mit ihrem Dingi abschleppen konnten, ist mir auch nicht klar geworden. Jedenfalls konnten wir nach einiger Zeit die von uns vorbereitete Schleppleine übergeben und dann langsam in Richtung Hafen motoren.
Der Steuermann der geschleppten Yacht fuhr hinter uns wilde Kurven nach links und rechts hinter uns her, bis Fillipo ihm lautstark klar machte, das er gefälligst geradeaus hinter uns Kurs halten solle.
So schafften wir es dann die beiden „Helden“ in den Hafen bis kurz vor die Werft zu schleppen, wo die die Schleppverbindung dann loswarfen. Fillipo hatte telefonisch schon ein paar Leute aktiviert, die dann das langsam auf die Pier zu treibende Segelboot in Empfang nahmen. Für uns war’s das und wir fuhren zu unserem Liegeplatz beim Club Nautico.
Mit dem Hinweis, er hätte noch etwas anderes zu tun, verabschiedete sich Fillipo von uns, versprach aber, sich hinsichtlich der Elektrik für den Drehzahlmesser zu informieren und am nächsten Tag wieder zu kommen. Für uns hätte das ggf. einen weiteren Hafentag bedeutet.
Werner und ich beschlossen, den Tag als erledigt zu betrachten und uns erst einmal einen Gin Tonic zu gönnen.
Kaum stand das Getränk bereit, erschien Fillipo mit noch einem Menschen, den er als Elektriker ausgab. Dieser Mensch verstand offenbar etwas von seinem Handwerk. Nachdem die beiden das Instrumentenpanel aus- und auseinandergebaut hatten und an allen möglichen Kabelverbindungen an und vom Motor mit einem Meßgerät geprüft hatten, kam man zu dem Schluß, das die sich am Instrumentenpanel befindliche Steuereinheit kaputt sei. Ein Ersatz sei auf die Schnelle ohnehin nicht zu beschaffen, aber sie hätten die elektrischen Funktionen soweit wieder hergestellt, dass zumindest der Alarmpieper und die Leuchten wieder funktionieren. Auf den Drehzahlmesser müßten wir allerdings verzichten.
O.K., damit mußten wir dann leben. Man kann den Motor auch nach Gehör fahren.
Für die ganze Aktion zahlte ich dann 90,- €, was angesichts der Zeit die Fillipo und auch der Elektriker verbracht hatten durchaus angemessen war.
Eine angenehme Überraschung erlebten wir dann am nächsten Tag im Marinabüro beim ausklarieren. Für die zwei Tage im Club Nautico zahlten wir gerade einmal 20,- € pro Tag, also 40,- €. Das war mit Abstand der billigste Tarif der ganzen Reise.
Die nächsten Tage verliefen mehr oder weniger ereignislos. Der Wind schwächelte so dass wir etliche Meilen unter Motor zurücklegen mußten.
Von Carrara aus ging es über Lavagna Marina, Marina di Varazza, Marina di Loarno und Marina Andora nach San Remo.
In der Marina di Loarno erhielten wir sogar 10% Rabatt auf die Liegegebühren. Bei der Anmeldung im Hafenbüro entdeckte die Mitarbeiterin meinen Mitgliedsausweis der DSV Kreuzerabteilung zwischen den Schiffspapieren und bot von sich diesen Rabatt an. Mit 52,75 € war’s immer noch teuer genug.
Gekrönt wurde unser Aufenthalt in der Marina di Loarno noch von einem abendlichen Rockkonzert in unmittelbarer Nähe unseres Liegeplatzes, welches auf einer großen Freifläche in luftiger Höhe vor dem Hafenbüro statt fand. Mein Musikstil war das nicht unbedingt, aber dafür war es ziemlich laut und nach gut einer Stunde auch schon vorbei.
Alles in allem verlief der Törn wenig aufregend, da der Wind eher mäßig blies und der Motor häufiger zum Einsatz kam. Unterwegs zeigte die Logge dann auf einmal wieder die Geschwindigkeit an, ohne dass wir etwas daran gemacht hatten. Geht doch, warum nicht gleich so?
In San Remo hatten wir die Wahl zwischen der Marina oder dem Porto Communale. Wir entschieden uns für letzteren, auch weil er näher an der Altstadt liegt.
Wir guckten uns einen freien Platz an der Südmole aus, an der schon zwei Schiffe lagen und quetschten uns mit Hilfe eines Crewmitgliedes der hinter uns liegenden französischen Yacht zwischen die beiden. Die Möglichkeiten zum Festmachen waren sehr begrenzt, die wenigen Poller standen weit auseinander und die Ringe an der Hafenmauer waren durchgerostet. Nach einigem Gefummel hatten wir die Yssabeau dann ganz gut festgemacht, um dann festzustellen, dass es weder Strom noch Wasser gab und auch die Sanitäranlegen verschlossen waren.
Dafür haben wir dann auch kein Liegegeld bezahlt, obwohl Werner pflichtschuldigst das Hafenbüro aufgesucht hat, welches allerdings geschlossen und niemand erreichbar war.
Zum Abendessen gingen wir in die Stadt. San Remo ist selbstverständlich ein von Touristen bevölkerter Ort. Aber auch die Italiener selbst tragen dazu bei, dass es in der gesamten Altstadt von Menschenmassen nur so wimmelt. Es war schon schwierig, ein für uns passendes Restaurant zu finden. Schließlich gelang uns das in einer relativ engen Gasse, wo wir dann ganz gut gegessen haben und das auch noch für Italienische Verhältnisse zu halbwegs vernünftigen Preisen.
Am nächsten Morgen – es war Sonntag – unternahmen wir erst gar nicht den Versuch, im Hafenbüro Liegegeld zu bezahlen und machten uns einfach vom Acker.
Der Wind wehte mäßig bis gar nicht, so dass wir erst einmal eine ganze Weile motorten. Irgendwann kam dann doch etwas Wind auf, so dass wir über die immaginäre italienisch-französische Grenze segeln konnten. Wir waren in Frankreich.
Das machte sich sofort bemerkbar, als wir in den Hafen von Menton einliefen. In der Marina Menton Garavan gab es eine Anmeldepier neben der Tankstelle, an der man zuerst festmachen mußte, um sich dann im Hafenbüro anzumelden. Hier bekam man dann einen Liegeplatz zugewiesen, an den man dann verholen konnte, was wir dann auch taten. Ein junger Mann stand schon dort und war uns beim anlegen behilflich.
Von Menton aus ging es dann die Küste entlang, an Monaco vorbei in Richtung Nizza. Wir konnten sogar segeln.
Aus der Ferne machte Monaco keinen besonders guten Eindruck auf mich. Von der Altstadt, so es denn eine gibt, war von See aus nicht allzuviel zu erkennen. Das imposanteste Gebäude war das Meeresmuseum, welches direkt am Ufer steht. Ansonsten ragen Hochhäuser in den Himmel und ein paar Super-Motoryachten, die vor und im Hafen lagen, zierten die Stadtansicht. Wohnen möchte ich dort nicht, aber ich brauche auch kein Steuerparadies.
Wir passierten Nizza in nicht all zu weitem Abstand, so dass wir einen schönen Blick auf die Stadt hatten und segelten parallel zur Landebahn des Flughafens nach Saint Laurent du Var.
Da unser Dieseltank ziemlich leer war, machten wir erst einmal an der Tankstelle fest und bunkerten 70 Liter Diesel.
Die Tankstellenpier war auch gleichzeitig Einklarierungspier. Das Hafenbüro war gleich nebenan.
Wir hatten uns zwar übers Internet angemeldet, aber offenbar war die Mail nicht auffindbar. So dauerte es ein wenig bis man einen Liegeplatz für uns gefunden hatte.
Wir verholten dorthin und wurden von einem hilfreichen Marinamitarbeiter in Empfang genommen.
Hier endete dann erst einmal der Sommersegeltörn. Die Nachfolgecrew hatte abgesagt und Werner und ich flogen am 29.07. nach Hause.
Ich fand den Reiseabschnitt von Pisa nach Nizza eigentlich recht schön. Die Küstenlandschaft ist von grüner Vegetation geprägt, obwohl natürlich auch bebaut.
Nach meinem Empfinden lebt hier auch ein ganz anderer Menschenschlag, als in Süditalien. Wir begegneten immer freundlichen und hilfsbereiten Leuten und irgendwie machte die ganze Atmosphäre in den Häfen und auch in den Orten einen entspannteren Eindruck. Ich hatte nie das Gefühl, über den Tisch gezogen zu werden, eher das Gegenteil war der Fall.
Alles in allem war es ein ganz netter Saisonauftakt, sieht man einmal von den Reparaturen ab, die trotz der teuren Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen im Winterlager dann doch noch unterwegs anfielen.