Sommersegeltörn die Fünfte

Hallo Leute,

diese Reise scheint ein echtes Abenteuer zu sein. Erwin ist wie
geplant in Mariehamn dazu gestiegen, um dann sozusagen umgehend mit
uns, d.h. mit Peter und mir, nach Schweden zurück zu segeln. Erwin
hat bedauerlicher Weise von den Alandinseln so gut wie nichts gesehen.

Die Überfahrt von den Alands zurück nach Schweden gestaltete sich
auch etwas abenteuerlich. Bei mäßigem Wind aus Südwest segelten wir
fast nach Norden aber der Wind drehte mehr und mehr auf Süd und dann
Südost, so daß wir wieder den Furusund anliegen konnten. Das ergab
einen schönen Kreisbogen auf dem Übersegler für die Alandsee. Alles
in allem aber herrliches Segeln, anfangs schlaff aber mit zunehmender
Änderung der Windrichtung, nahm der Wind auch an Stärke zu.

Wir liefen die Insel Fejan an, die ich schon von früher her kannte,
um festzustellen, dass alle Liegeplätze vor dem Kro restlos belegt
waren. Da war keine Chance sich da noch irgendwo ‚rein zu quetschen.
Etwas entfernt von dem Kro machten wir an einer halb verfallenen
Fischerpier fest, wo uns ein bereits mit seiner Yacht dort liegender
Schwede beim Anlegen half und uns bedeutete, dass wir dort kostenlos
liegen könnten, wenn wir in dem nahegelegenen Fischrestaurant essen
würden. Sanitäre Einrichtungen gab’s da natürlich nicht.

Das Restaurant entpuppte sich als bessere Frittenbude mit
beschränktem Angebot; der Fisch war allerdings lecker aber die
Portion doch eher übersichtlich. Vom Hungertot rettete mich eine
vorsichtshalber mit georderte Portion Pommes.

Allein wegen des Klos, war diese Kneipe einen Besuch wert. Selbiges
bestand aus einem Dixi-Klo bei dem die Inneneinrichtung durch eine
Keramikkloschüssel ersetzt worden war und die Wände mit einer weißen
gemusterten Plastiktapete verkleidet waren. Es gab eine richtige
Wasserspülung und zum Händewaschen ein kleines Waschbecken mit kaltem
und warmen Wasser, wobei die Warmwasserversorgung aus einem
Extraschlauch bestand, der an einen Boiler angeschlossen war. Wollte
man sich also die Hände mit warmen Wasser waschen, mußte das kalte
Wasser aus dem Hahn mit dem heißen Wasser aus dem Schlauch irgendwie
zusammengeführt werden. Leider fehlte unsereinem für diese Aktion die
dritte Hand.

Weiter ging’s in Richtung Süden, aus der natürlich die Flaute nicht
bließ. Also ein Gutteil der Strecke motort, bis dann etwas Wind
aufkam und wir bis Sandhamn mit einigen Kreuzschlägen segeln konnten.
Immerhin schien die Sonne, was der Stimmung an Bord durchaus
zuträglich war.

Im Hafen drehten wir Kreis um Kreis, es war brechend voll. Ein
Großteil der Liegeplätze war für Regattateilnehmer reserviert, für
die anderen war kaum noch etwas übrig. Ein Gehilfe des Hafenmeisters
war redlich bemüht die ankommenden Yachten noch irgendwie
‚reinzuquetschen. Direkt am Stegkopf lag eine Deutsche Yacht, ein
Traum von einem Schiff, eine alte SWAN 51, Sparkmans & Stephens
Desighn, herrlich. Wir waren mehrmals bei der Suche nach einem
Liegplatz an denen vorbeigefahren, die Leute auf dem Schiff
signalisierten aber in keinster Weise, dass sie jemanden neben sich
haben wollten. Also überredeten wir den Hafenmeistergehilfen, uns
dort längsseits einen Liegeplatz zu zu weisen, was dieser auch tat.
Etwas widerwillig wurden unsere Leinen  angenommen und wir hatten
einen für die herrschenden Verhältnisse super Liegeplatz.

Nachdem wir unseren Nachbarn dann auch noch mit unserem schwedischen
Törnführer ausgeholfen haben, tauten die Leute dann auch etwas auf
und es stellte sich heraus, dass dieses Schiff von einem Verein
betrieben wurde, bei dem jeder Mitglied werden konnte, mit Beitrag
und Arbeitsdienst und zu vergleichsweise günstigen Konditionen. So
weit ich das weiß, annoncieren die auch hin und wieder in der Yacht.

Sandhamn!!! Das Prunkstück schwedischen Seglerdaseins, der ach so
berühmte Königlich Schwedische Segel Klub, entpuppte sich als
ziemliche Katastrophe. Zum Klub gehören sage und schreibe vier Klos –
wohlgemerkt: für Männlein und Weiblein gemeinsam – und davon bei
einem noch das Schloß defekt. Lediglich die Gemeinschaftsduschen sind
getrennt, aus meiner Sicht für die Unzahl der Segler/Innnen bei
weitem nicht ausreichend und doch eher spartanisch. Erst recht nicht,
wenn der Hafen von Regattacrews überbelegt ist. Und das alles für
380,- SKr. pro Tag.

Was an diesem Platz – außer einem völlig überteuerten Restaurant – so
„Königlich“ sein soll, entzieht sich meiner Vorstellungskraft.

Loben muß man allerdings das Hafenpersonal, junge Leute die Englisch
sprechen und immer hilfsbereit waren.

Peter mußte uns in Sandhamn mit der Fähre verlassen, um dann
festzustellen, dass er am selbigen Tag nicht mehr aus Stockholm weg kam.

Unser Liegeplatznachbar wollte schon früher los als wir. Wir legten
ab, drehten ein, zwei Kringel um dann an den freien Platz an dem
Schlengel zu gehen. Kurz vor dem Anlegen verreckte die Maschine.
Gottseidank fuhren wir gaaanz langsam aber ich konnte nichts mehr
machen. Eingestoppt wurden wir von einem quer liegenden Motorboot,
dessen Eigner zum Glück an Bord war und der uns dann per Hand
einstoppte und somit Schlimmeres verhinderte.

Es stellte sich heraus, dass das Glas des Wasserabscheiders am
Dieselvorfilter gerissen war und ein Gutteil der Motorbilge mit
Diesel geflutet war. Eine echte Sauerei. Das Zeug war überall hin
gespritzt.

Sandhamn besitzt einen Motorservice!!! So jedenfalls die Auskunft im
Hafenmeisterbüro. Ich also mit dem defekten Glas da hin und man
staune, der hatte so etwas. Allerdings mochte der gute Mann mir das
nur als komplette Einheit sprich, Halterung oben und unten, Filter
und Glas verkaufen. Was sollte ich machen. Also den ganzen Kram für
teures Geld gekauft und den alten Filter und das neue Glas eingebaut.
Trotzdem habe ich die Maschine nicht zum Laufen gebracht. Zusätzlich
habe ich dann noch beim Entlüften eine Schraube abgerissen und damit
war die Katastrophe perfekt. Die gab es dann nämlich nicht mehr als
Ersatzteil.

Damit war der Tag gelaufen.

Am nächsten Tag konnte ich für 13:00 h einen Termin bei dem
Motorreparierer bekommen. Für 300,- SKr. konnte ich über das
Hafenbüro einen Schlepp organisieren, was auch mit etwas Verspätung
und meinem Drängeln dann gelang.

Der Mechaniker werkelte dann auch den Rest des Tages an der Maschine
‚rum, tauschte Schläuche aus und brachte das Teil dann zum laufen.
Leider hatte er irgendeinen Anschluß vergessen und Diesel spritzte
wieder in die Gegend.

Das Problem wurde dann am nächsten Tag behoben. Ich jedenfalls habe
die Schnauze voll vom Diesel aus der Bilge feudeln.

Nachdem der Motorreparierer sein Werk getan hatte, ging’s dann
endlich in Richtung Süden. Der Wetterbericht sagte gar grausliches
voraus. Schlapper Wind aus mehr oder weniger südlichen Richtungen,
dann zunehmend auf Starkwindstärke aus westlicher Richtung und dazu
noch Regen.

Und so kam es auch!

Der Crewwechsel in Nyköping war ohnehin nicht mehr machbar. Unter
Motor und wieder einmal gegen die Flaute aus südlichen Richtungen
ging es nach Nynäshamn. Den Großteil des Tages ging es auch gut, kurz
vor dem Hafen goss es dann in Strömen und der Wind legte deutlich zu.
Anlegen durften wir dann in strömenden Regen. Über sieben Stunden
motoren, das reicht!

Erwin ist dann heute von Bord gegangen und nach Stockholm gefahren um
dann morgen zu irgendeiner unchristlichen frühen Stunde seinen
Flieger zu erreichen.

Jetzt hocke ich hier alleine und warte auf Katrin, die ja reisemäßig
von Nyköping nach Nynäshamn umgepolt werden mußte, was ja auch gelang.

Weiter ist die Idee, gen Süden zu segeln und dann in Kalmar wieder
einen Crewwechsel vorzunehmen. Katrin wird – wenn alles planmäßig
verläuft -dann von Bord gehen und Gustav zu steigen.

Die Idee ist dann, um doch noch etwas von den Baltikumplänen zu
retten, das Gustav und ich nach Danzig segeln. Wenn das dann so
klappt, wird Inga dort zu steigen.

Konkretes wird sich aber erst in einer Woche ergeben, wenn
Crewwechsel stattgefunden haben und vor allem auch
Wetterentwicklungen vorhersehbar sind.

So weit erst einmal von meiner Seite.

Bis demnächst.
Gruß
Jörg

PS.: Crew’s  still wanted for the last parts of the journery!